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Überlegungen zur Euro-Krise

  • Autorenbild: Christiane Krieger-Boden
    Christiane Krieger-Boden
  • 18. Juli 2017
  • 17 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 23. Jan. 2021

Argumente zur Euro-Krise, gegen die in ihrer Simplizität schlicht falschen Stammtischparolen, gesammelt zwischen 2010 und 2017:


1. „Die Griechen waren zu faul und müssen jetzt arbeiten, was das Zeug hält, statt zu demonstrieren.“ (30.04.2010 / 16.04.2012 / 18.07.2017)

Die Griechen sind sicher nicht „fauler“ als andere Europäer. Da sie generell einen niedrigeren Lebensstandard haben als z.B. Deutsche, müssen sie grundsätzlich mehr als wir arbeiten, um sich das Gleiche leisten zu können. Und eine griechische Rente in Höhe von 80-90% des griechischen Lohns (wenn sie denn tatsächlich so hoch sein sollte) ist selbstverständlich trotzdem deutlich niedriger als eine deutsche 60%-Rente. Im Durchschnitt gehen Griechen etwa gleichzeitig mit Deutschen in Rente, sie arbeiten ähnlich viele Wochenstunden und haben deutlich weniger Jahresurlaub.


Dennoch gibt es möglicherweise Fehlentwicklungen, die der griechischen Wirtschaft insgesamt nicht gut tun – aber das sind kollektive Fehler und kein Versagen des Individuums. Ein Grieche nutzt, wie jeder Deutsche auch, die jeweiligen Rahmenbedingungen, die er vorfindet, und richtet sein Leben danach aus, plant damit – was soll er auch sonst tun? Das moralische „Versagen“ eines griechischen Frührentners ist doch nicht anders als beispielsweise dasjenige deutscher „Altersteilzeitler“. Auch bei letzteren ist es letztlich der Steuerzahler, in dem Fall der deutsche, der für einen klaren Exzess von staatlicher Fürsorge („sozialer“ kann man da gar nicht sagen, es geht ja dabei nicht einmal darum, arme Leute zu schützen und unterstützen) aufkommen muss, sei es direkt oder indirekt als Bürge für Schulden beteiligter Unternehmen. Aber sollte man das denjenigen vorwerfen, die einfach eine gegebene Möglichkeit in Anspruch nehmen? Und wie, bitte, sollten sie wohl einfach zurück an die Arbeit kehren können, selbst wenn es Deutschland so schlecht ginge wie Griechenland?


Allerdings würden in solchem Fall Renten stark gekürzt – das wird in Griechenland ja jetzt auch gerade eingetütet, ebenso wie Lohnkürzungen bei öffentlich Bediensteten, zum wiederholten Mal übrigens. Freilich, ob solche Kürzungen dann so gezielt ausfallen werden und können, dass die vorher am meisten und am unfairsten Begünstigten dann auch am meisten bluten werden, ist wohl eher unwahrscheinlich. Also wird es mit Sicherheit viele Fälle geben, wo es genau die trifft, die immer hart gearbeitet haben und damit trotzdem nur knapp über die Runden gekommen sind, was sie nun gar nicht mehr schaffen. Ist es da verwunderlich, dass es Demonstrationen gibt? Ist es nicht eher verwunderlich, wie wenig Demonstranten, gerechnet auf die Bevölkerung, da sind? Man muss sich nur mal vorzustellen versuchen, was solche Kürzungen für den Einzelnen bedeuten – hier ist es mal spaßeshalber durchgerechnet, wenn es Deutschland beträfe: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,691352,00.html


Die Verheerungen einer Austeritätspolitik werden in Griechenland und Irland, aber auch in Spanien und Italien immer deutlicher: die Arbeitslosigkeit ist auf astronomischem Niveau; besonders bedrückend sind Jugendarbeitslosenraten von an die 50%; Selbstmordraten sind um bis zu 40% gestiegen.


Die Sparpolitik wurde auch in der jüngsten (2017) Kreditvereinbarung bis 2060 festgeschrieben, bis 2022 muss Griechenland sogar primäre Haushaltsüberschüsse von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufweisen.


2. „Schmeißt Griechenland aus der Währungsunion raus!“ (30.04.2010)

Daran sind zweierlei implizite Vermutungen schlichtweg falsch: Dass das Rausschmeißen die Lage für irgendjemanden verbessern würde, und dass das Drinbleiben dem Euro und damit uns allen schaden würde.


Wenn Griechenland jetzt die Drachme wiedereinführen würde – und sofort abwerten würde, denn das sollte ja der gewünschte Zweck sein – würde das zwar der griechischen Wirtschaft helfen, kostengünstiger zu werden, würde die Leistungsbilanz verbessern helfen und so den Druck auf die griechischen Bürger vermindern, harte Einschnitte hinnehmen zu müssen. Das aktuelle Staatsverschuldungsproblem würde dadurch aber noch weiter dramatisch verschärft, denn die Schulden sind ja überwiegend ausländische Euro-Schulden, die durch Abwertung noch weiter steigen würden, den Schuldendienst erhöhen würden, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie bedient würden noch weiter verringern würden. Geholfen wäre damit gerade den Gläubigern überhaupt nicht. Außerdem würde griechisches Kapital bereits bei Ankündigung der Einführung einer abgewerteten Drachme massiv in den Euro und den Dollar streben, es gäbe also massive Kapitalflucht, was die Chance Griechenlands, wieder auf die eigenen Beine zu kommen, zumindest zunächst verringern würde.


Dem Euro, und auch uns, schadet das „Drinbleiben“ Griechenlands dagegen nicht, zumindest so lange es kein „Bail-out“ gibt. Der Euro ist prinzipiell ein Disziplinierungsinstrument für jeden Insider, weil man nicht mehr auf Inflation und Abwertung ausweichen kann, um interne Verteilungskonflikte zu verschleiern, sondern sie offen austragen und lösen muss. Das kann für manche Länder ein Problem sein, nicht aber für deren Partner, denn Probleme können wegen der Euro-Disziplinierung eben gerade nicht an andere weitergereicht werden (was eine Abwertung tun würde!). Weil das so ist, erfordert der Euro-an-sich auch keinen „Bail-out“, der ist sogar eher mit regulativen Restriktionen behaftet. Die Stabilität des Euro hängt nur von der Politik der EZB ab und würde selbst durch eine Staatspleite Griechenlands nicht gefährdet. Sicher, kurzfristig könnte der Euro-Kurs am Markt aus psychologischen Gründen oder wegen merkwürdiger Ratings dann mal einknicken, wie er das auch in der Vergangenheit gelegentlich getan hat, aus oft schwer zu ergründenden Ursachen. Aber selbst das ist ja nicht unbedingt schlimm, gerade für uns nicht – unsere Exportwirtschaft stöhnt doch immer dann, wenn der Euro stark gegenüber dem Dollar ist. Bislang sind alle Kursverluste übrigens entgegen aufgeregter Presseberichte sehr moderat.


Dass die EU-Länder jetzt dennoch um einen „Bail-out“ ringen, hat weniger mit dem Euro als mit den starken wirtschaftlichen Verflechtungen zu tun, Verflechtungen, die uns normalerweise immens nutzen, die aber im Krisenfall auch mal Probleme schaffen. Einen „Bail-out“ hat es deswegen auch gegenüber den Nicht-Euro-Ländern Island und Lettland gegeben. Und selbst Argentinien und Mexico wurden bei ihren Staatsverschuldungskrisen von der Weltgemeinschaft, und insbesondere von den Ländern, mit denen sie am engsten verflochten waren, letztlich nicht gänzlich „im Regen stehen“ gelassen – ganz ohne Wirtschaftsunion geschweige denn Einheitswährung. Und das nicht aus „Gutmenschentum“, sondern im wohlverstandenen Eigeninteresse: nicht bediente Schulden fallen auf die Gläubiger zurück, die in eben den Ländern sitzen, die sich dann genötigt sehen zu helfen. Schuldenkrisen und ihr „Bail-out“ sind wie Verkehrsunfälle; sie sind der Preis, den man für die Vernetzung, für die Globalisierung, immer mal wieder zahlen muss, deren Vorteile dennoch ganz unfraglich solche Nachteile bei weitem überwiegen.


Man sieht – drin bleiben oder draußen bleiben ist, das ist vor allem für die Griechen selbst die Frage, da gäbe es für sie Vor- und Nachteile, und das müssen sie für sich abwägen. Für uns ist es dagegen ziemlich egal, wie sie sich diesbezüglich entscheiden, sie können unserem Euro nicht schaden, aber sie werden so oder so bei Ausfall des Schuldendienstes unserer Wirtschaft schaden, und wir werden dafür so oder so in irgendeiner Form mit aufkommen müssen – dafür haben unsere Banken oder Anleger ja auch lange Zeit von Schuldnern wie Griechenland recht nett gelebt. Wir müssen also vor allem ein lebhaftes Interesse daran haben, dass es den Griechen gut geht, damit sie ihre Schulden weiter bedienen können.


Was ich wirklich nicht begreife ist, woher diese immensen Emotionen kommen, dieser Hass – auf wen eigentlich? Und wieso ist er in manchen Kreisen jetzt so viel heftiger als zu Zeiten des „Bail-outs“ für Zocker-Banken, bei denen es um weit größere Beträge ging? Letztlich geht es ja auch hier wieder mal um unsere Banken, die man nicht mit ihrem Gläubigerproblem allein lassen will, weil man die weiteren Auswirkungen auf unsere Wirtschaft fürchtet!


3. „Die Südländer haben in unverantwortlicher Weise Schulden gemacht.“ (29.07.2011 / 08.01.2013)

Zum Zusammenhang zwischen Griechenland-Krise und Finanzmarktkrise.


Eine Überlegung dazu geht über die Frage: Warum eigentlich war es Griechenland überhaupt solange möglich, Kredite mit vergleichsweise geringem Zinsaufschlag im Vergleich zu Deutschland, geringem „spread“, zu bekommen? Griechische Betrügereien hin oder her; dass sich die grundlegende griechische Bonität nicht mit der deutschen vergleichen konnte, muss immer klar gewesen sein, und ein „Bail-out“ (also ein Eintreten der anderen Länder für die Schulden des einen) war durch die Euro-Regularien ziemlich explizit ausgeschlossen (und ist erst jetzt etwas aufgeweicht worden).


Ein Teil der Antwort mag mit den positiven Erwartungen zusammenhängen, die an den Euro geknüpft waren: Er würde Handel und Wachstum erheblich beleben und Aufholprozesse von Griechenland und anderen beschleunigen. Das war zum Teil ja auch berechtigt.


Ein anderer Teil der Antwort aber führt auf die allgemeine Finanzkrise zurück: Das Basisproblem dabei war die enorme Geldschöpfung im privaten Bankensektor: Jedes neu geschaffene Derivat, jede von der Blase erzeugte Steigerung der Aktienkurse oder der Immobilienpreise entsprach einer Schaffung von (Quasi-)Geld. Die ungeheuren Mengen von (luftgebuchtem) Geld, Unmengen von marodierendem Kapital, suchten weltweit nach Anlagemöglichkeiten. Auf die Zinsen kam es dabei (fast) gar nicht an, solange das Schneeballsystem lief und man sich weitere Wertsteigerungen jeder Anlage erhoffen konnte – und die Bonität wurde ebenfalls aufgrund der erwarteten weiteren Wertentwicklung beurteilt. Für sicher gehaltene Anlagen wie Staatspapiere und Immobilien wurden gern als Basis für immer gewagtere Zertifizierungen verwendet. Als die Blase platzte, war ein guter Teil dieses enormen luftgebuchten Geldes genauso schnell wieder vernichtet wie es vorher geschaffen war – und plötzlich schaute man sich die reale Bonität von Schuldnern wieder viel genauer an.


Ein Finanzminister eines armen Landes, der die Chance der extrem niedrigen Zinsen nicht genutzt hätte, wäre ja mit dem Klammerbeutel gepudert gewesen. Denn solange Zinsen niedriger sind als zu erwartendes Wachstum, lohnt sich Verschuldung allemal – sie kann aus den höheren Einnahmen nach Wachstum leicht beglichen werden. Das gilt insbesondere, wenn die Kredite für Investitionen eingesetzt werden, die eben dieses höhere Wachstum hervorbringen. Freilich, wenn das mit den Investitionen und dem Wachstum nicht so klappt wie erwartet, und wenn man nicht sichergestellt hat, dass man die Kredite nach Ende der Laufzeit auch tatsächlich tilgen kann, sondern stattdessen umschulden muss, dann kann man in Probleme laufen.


In Griechenland war bei beachtlichen Wachstumsraten die Schuldenquote tatsächlich seit Eintreten in den Euro (leicht) gesunken, es war sozusagen „auf gutem Weg“. Doch nun musste Griechenland beim Umschulden mit einmal sehr viel höhere Zinsen zahlen, und allein das trug maßgeblich dazu bei, das Staatsdefizit und damit auch die Schuldenquote wieder nach oben zu treiben.


Und auch der seit der Krise trotz etlicher Hilfsrunden weiter steigende Schuldenstand Griechenlands und anderer hängt nicht allein mit unzureichenden Maßnahmen der Länder (im Vergleich zu den Auflagen) zusammen, sondern mindestens ebenso mit der immer wieder überschätzten Wirtschaftsentwicklung, genauer, den unterschätzten negativen Auswirkungen der Austeritätspolitik.


Schuld und Schulden – wie schwierig die Frage nach einem Zusammenhang ist (den im Deutschen der gleiche Wortstamm nahezulegen scheint, anders als z.B. bei „guilt“ and „debt“ im Englischen), zeigt noch drastischer das Beispiel Irland, ein Land, das nach Meinung aller Experten immer alles richtig gemacht hat und einen in der EU beispiellosen Aufholprozess hingelegt hat – es ist jetzt gleichwohl in den gleichen Schwierigkeiten wie Griechenland.


4. „Deutschland muss für Griechenland bluten“ (12.07.2017)

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat der deutsche Steuerzahler noch kein Geld an Griechenland verloren. Beim ersten, teilweisen Schulden­schnitt 2012 ließen sich zwar 85,5 % der Privatgläubiger auf einen freiwilligen Schuldenerlass ein; einige unwillige private Investoren wurden auch noch zu einem Verzicht genötigt, so dass der Schuldenschnitt letztlich 107 Mrd. Euro in einem Zeitraum von 2011 bis 2019 beträgt. Jedoch beteiligte sich weder der deutsche Staat noch die EZB daran. Deutschland hat allerdings Kredite und Bürgschaften an Griechenland in Höhe von 85,2 Milliarden € geleistet (und die EZB hat griechische Anlagen aufgekauft, um Marktpreise zu stützen). Deutschland ist, anders als der Internationale Währungsfonds, immer noch nicht bereit, diese Schulden zu streichen, die Kredite und Bürgschaften verloren zu geben, aber es ist kaum eine Frage, dass diese 85,2 Milliarden € vermutlich entweder sehr spät oder überhaupt nicht zurückgezahlt werden.


Was aber oft verschwiegen wird: Der deutsche Steuerzahler profitiert auch von der Schuldenkrise. Durch die mittlerweile ins Negative gesunkenen Zinsen auf den Kreditmärkten hat Deutschland 2009-2015 geschätzte 160 Milliarden € bei seinem eigenen Schuldendienst eingespart. Rechnet man allein das den Bürgschaften gegenüber, bleibt unter dem Strich ein Gewinn von fast 75 Milliarden € (ifw-fokus-173 ; Zeit.de/2017-06 ).


Und der deutsche Staat hat aus Krediten und Anleihenkäufen zugunsten Griechenlands Gewinne erzielt, in Höhe von etwa 1,34 Milliarden €. Demnach führte ein Darlehen der staatlichen Förderbank KfW zu Zinsgewinnen in Höhe von 393 Millionen Euro. Der deutsche Gewinnanteil aus einem Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank habe sich seit 2015 auf 952 Millionen € summiert (Sueddeutsche-griechenland).


5. „Länder wie Deutschland einerseits und Griechenland andererseits hätten nie einen Währungsraum bilden dürfen.“ (29.07.2011)

Da könnte etwas dran sein. Generell bringt ein Währungsraum natürlich Vorteile, weil die Kosten des Handels vermindert und damit der ökonomische Austausch, die Arbeitsteilung innerhalb des Raumes und das Wachstum gefördert werden. Es gibt aber auch Nachteile durch den Verzicht auf den Wechselkurs als Anpassungsinstrument.


Generell können Länder oder Regionen einen Währungsraum bilden,


  • (1) Wenn der Wechselkursmechanismus sowieso nicht funktioniert: das kann dann der Fall sein, wenn es keinerlei Geldillusion gibt; wenn die heimischen Wirtschaftssubjekte beispielsweise bei einer Abwertung sofort begreifen würden, dass sie damit einen realen Wert- / Lohnverlust erlitten haben (weil sie sich weniger Importgüter leisten können), und sofort darangehen würden, diese Verluste durch Preis- und Lohnerhöhungen wieder auszugleichen.

Aber diese generelle Einschränkung kann man wohl als vielfach widerlegt ansehen, Geldillusion existiert. Dann bleiben als Bedingungen,

  • (2) wenn die Länder / Regionen sich ökonomisch sehr ähnlich sind (ähnliche Wirtschaftsstruktur haben): dann gibt es vor allem intra-industriellen Handel (z.B. Autos und Maschinen in beiden Richtungen), der zu keinen ausgeprägten Handelsbilanzdifferenzen führt; und von konjunkturellen Schocks werden beide Gebiete ähnlich getroffen; es gibt daher kaum Anpassungsbedarf.

oder

  • (3) wenn sie sehr flexible interne Preis- und Lohnbildung haben: dann passen sich Preise und Löhne selbst bei unterschiedlich wirkenden Konjunkturschocks und auseinanderlaufender Entwicklung jederzeit den Marktgegebenheiten an; ein so vergleichsweise grobes externes Anpassungsinstrument wie den Wechselkurs braucht man dann nicht.

oder

  • (4) wenn es einen gemeinsamen Willen und politischen Unterbau gibt: dann gibt es möglicherweise automatisch eingebaute fiskalpolitische Ausgleichsinstrumente wie z.B. ein gemeinsames Steuersystem (das die leistungsstärkeren stärker besteuert als die leistungsschwächeren Regionen und Länder und damit auch unterschiedliche Konjunkturbetroffenheit teilweise abfedert) und / oder die Bereitschaft, wechselseitig für Schulden einzustehen, verbunden mit Möglichkeiten, sich auch gemeinsame Vorschriften machen zu dürfen.

Bedingung (2) ist generell selten erfüllt, Bedingung (3) manchmal. Die meisten bestehenden Währungsräume erfüllen vor allem die Bedingung (4) – das gilt beispielsweise auch für die USA als Währungsraum und für den deutsch-deutschen Währungsraum nach der Wiedervereinigung.


Für den Euro-Währungsraum gilt, dass Bedingung (2) insgesamt nicht erfüllt ist, dass Bedingung (3) in Ländern wie Deutschland angenähert (neuerdings), in Ländern wie Griechenland wohl nicht erfüllt ist, und dass Bedingung (4) nur sehr eingeschränkt zutrifft. Tatsächlich wollte man mit der Schaffung des Währungsraumes ein Ideal erreichen, nämlich den Zustand (3), den man glaubte durch den expliziten Verzicht auf jedes „Bail-out“ erzwingen zu können. Gleichzeitig wollte man (besonders Kohl und Mitterand) die EU auch in Richtung auf Zustand (4) vorantreiben, also mittels verstärkter ökonomischer Integration eine nachfolgende politische Integration induzieren. Man wollte das Pferd quasi von hinten aufzäumen: nicht erst die optimalen Bedingungen schaffen und sie durch den Währungsraum krönen, sondern den Währungsraum einrichten und hoffen, dass er sich seine optimalen Bedingungen selbst schafft.


Ob das klappen kann, ist nach wie vor offen – vielleicht ist die gegenwärtige Krise genau der Zwang, den es braucht, um dem Zustand (3) näher zu kommen, während gleichzeitig klar wird, dass es ganz ohne Annäherung an Zustand (4) auch nicht gehen wird. Letzteres hat vielleicht die Bereitschaft für den Europäischen Währungsfonds und die jüngste Variante des Rettungsschirms erhöht.

Interessante Stellungnahme: zeit online 2011/Euro-Rettung-Steuern


6. „Die Finanzmärkte machen nur die realen Probleme deutlich.“ (04.08.2011 / 30.10.2011 / 15.11.2011)

Finanzmärkte folgen ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten, die mit realen Vorgängen oft nur wenig zu tun haben. Es gibt ausgeprägtes Schwarmverhalten, und das ist völlig rational: Solange ein Lauf auf etwas anhält, kann man große Gewinne machen wenn man mitzieht, sogar wenn man die dahinterstehenden „Fundamentals“ ganz anders einschätzt – man muss sich dann nur rechtzeitig aus der Sache wieder zurückziehen. Das ist ein zwar hoch riskantes, aber im Erfolgsfall auch extrem lukratives Verhalten.


Da durch Marktöffnung und Deregulierung immer größere Mengen an Kapital zusammen kommen bzw. „geschöpft“ werden können, kann von solchen Schwärmen ein immer größeres Rad gedreht werden (ein Ozean kann eben andere Wellen erzeugen als selbst viele Dorfteiche). Da lohnt es sich auch mehr als früher, Spekulationen gegen Staaten zu wagen. Solange Staaten den Finanzmärkten ähnlich große Geldmengen entgegensetzen konnten, war jede Spekulation gegen sie zum Misserfolg verdammt – eine auch nur beginnende Blase hätte sich aufgrund solcher Einschätzung der Erfolgsmöglichkeiten sofort selbst totgelaufen. Das ist jetzt anders: ein anvisiertes Spekulationsziel kann durch die enormen Geldmengen durchgesetzt werden, und weil es diese Möglichkeit gibt, lohnt sich die Spekulation, und weil sie sich lohnt, läuft sie auch, sobald sich nur aus einem kleinem, vielleicht zufälligem, Ereignis der Anfang eines Laufs gebildet hat.


So oder so brauchen Schwärme natürlich Koordinierungsmechanismen – und bestimmte Fakten können da als Koordinierungssignal dienen. In den 90er Jahren war, z.B., die Entlassung von Arbeitnehmern ein solches Signal: Zwar muss das für ein Unternehmen kein Vorteil sein, könnte ja auf Schrumpfung und Abstieg hindeuten, aber da alle Börsenteilnehmer wissen, dass alle anderen das als „Produktivitätsgewinn“ also als vorteilhaft betrachten werden, lohnt es auf ein Steigen des entsprechenden Aktienkurses zu setzen, selbst wenn man an die dahinterstehende Geschichte nicht glaubt, allein deshalb, weil alle anderen genauso handeln werden, selbst wenn die auch nicht an die Geschichte glauben. Gegenwärtig sind es Meldungen über unzuverlässige Schuldnerländer, die als Koordinierungssignal dienen.


Läufe, Blasen, gibt es dabei auch nach unten; „Fundamentals“ können nicht nur überschätzt, sondern auch unterschätzt werden. Wird z.B. Frankreich fälschlicherweise als unseriöser Schuldner ge“ratet“, fangen die ersten besorgten Gläubiger an, ihr Geld aus französischen Staatstiteln zurück zu ziehen; andere folgen, nicht weil sie die „Fundamentals“ tatsächlich für schlecht halten, sondern nur weil sie erwarten, dass immer mehr andere zurückziehen. Demzufolge wird alles aus den Titeln herausdrängen und damit steigen die Kreditzinsen für Frankreich tatsächlich an, damit auch die französische Schuldenlast, und als self fulfilling prophecy könnte Frankreich am Ende tatsächlich in reale Schwierigkeiten geraten.


Verstärkt wird der Effekt durch Wetten auf steigende Zinsen für Staatstitel: Put-Optionen, bei denen man das Recht erwirbt, Finanztitel zu einem bestimmten Termin zum vereinbarten Preis zu verkaufen (u.U. ohne die Titel überhaupt zu besitzen → ungedeckte Leerverkäufe, vorübergehend verboten), werden vor allem dann umgesetzt, wenn der Preis unter den vereinbarten fällt – damit strömt ein zusätzliches Angebot auf den Markt, das die Preise weiter verdirbt. Je teurer solche Optionen, desto schwärzer die Erwartungen. Credit Default Swaps (Kreditausfallversicherungen, die man auch auf Kredite abschließen kann, die man gar nicht besitzt – als ob man eine Feuerversicherung auf das Haus des Nachbarn abschließt) beeinflussen die Preise zwar nicht direkt, aber wenn viele Investoren auf sinkende Preise der Staatstitel spekulieren, könnte das andere misstrauisch machen, oder auch nur erwarten lassen, dass wieder andere misstrauisch werden könnten …


Was helfen dann noch die „Fundamentals“, was hilft es, dass Länder das Ruder herumreißen und ihre Bevölkerung bluten lassen – solange die Finanzmärkte überzeugt sind, da geht noch was an Gewinnen, da kann noch etwas – aus dem Rettungsfonds, aus der Ohnmacht der Regierungen, die Schlimmeres verhüten wollen, – herausgeholt werden, solange wird der Lauf anhalten. Die Länder werden dem entsprechen, weil sie die Ansteckung ihrer realen Märkte von den Finanzmärkten fürchten.


7. Target-System (09.01.2013)

Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn hat die sogenannten Target-Salden in die Öffentlichkeit gezerrt, nach denen die Deutschen klammheimlich noch viel größere Risiken gegenüber den Südländern eingegangen seien als nach den offiziell bekannten Kreditbereitstellungen.


Die Target-Salden sind aber nur das (mechanische) Gegenstück einer unausgeglichenen Leistungsbilanz, bei gleichzeitiger unvollständiger EU-weiter Integration des Bankensektors. Bei vollständiger Integration wäre der Umweg über Zentralbanken als Clearing-Stelle überflüssig, Geschäftsbanken würden auch über Ländergrenzen hinweg direkt miteinander abrechnen. Doch bei dem gegebenen System könnten deutsche Exporteure ohne Target-System nicht in gleichem Umfang nach Griechenland und anderen Ländern exportieren; ihr Geschäft wäre geschädigt.


Nach den IfW-Kollegen Kooths/van Boye ist das Target-System insofern ein Problem, weil es der EZB einen doppelten Auftrag zuweist, nämlich sowohl für Geldwertstabilität als auch für Finanzmarktstabilität zu sorgen, was nach Tinbergen nicht gut funktioniert. Die EZB sollte sich lieber allein auf Geldwertstabilität konzentrieren; Finanzmarktstabilität sollte durch geeignete Vorschriften für Finanzmärkte, vor allem zur Verbesserung der Verlusttragfähigkeit der Geschäftsbanken inklusive länderübergreifender geordneter Abwicklung, gewährleistet werden. Das würde Brandmauer zwischen der systemisch notwendigen Liquiditätsbreitstellungsfunktion (→ EZB) und der Kapitalaufbewahrungsfunktion (→ Geschäftsbanken; nicht systemisch; Möglichkeit der Insolvenz privater wie öffentlicher Kapitalnehmer eingeschlossen) errichten. Für verbesserte Verlusttragfähigkeit der Geschäftsbanken braucht es nicht einmal unbedingt die ziemlich weitgehenden Basel III-Regeln zum Eigenkapital; bedingte Zwangswandelanleihen (Contingent Convertible Bonds, CoCos; erfordern Umwandlung von ausgegebenen Anleihen in zusätzliches Eigenkapital, sobald Eigenkapital aufgrund realisierter Verluste unter vorgegebene Quote gesunken ist) würden ausreichen.


8. Die Bewertung von Krisen (28.02.2012):

Der heftige Streit über die gegenwärtige Krise resultiert vielleicht aus einer grundsätzlichen Diskrepanz in der Beurteilung von Krisen überhaupt, im Extrem vertreten, für die 1930er Weltkrise, durch Hayek und Keynes. Hayek war der Meinung, das Problem habe in der Übersteigerung der Märkte vorher gelegen, in den 20er Jahren, und die Krise danach sei die heilsame Rückführung zur Normalität, und ohne diese Krise wäre es noch schlimmer gekommen. Demzufolge sollte der Staat sich raushalten und die heilsame Krise geschehen lassen. Keynes dagegen meinte, dass es vor der Krise keine Besonderheiten gab, dass erst die Krise, die Deflation, die Untertreibung der Märkte war, was Staatseingreifen erforderte. Interessant ist, dass beide Marktversagen zugestehen. Aber dass Krisen, die bis zu totalen Kriegen mit mehr als 66 Millionen Kriegstoten und Ermordeten führen, in irgendeinem Sinn heilsam sein könnten, kann ich so nicht einsehen.


9. Ansatzpunkte für Hilfen (30.10.2011 / 08.01.2013 / 18.07.2017)

Was gegen Finanz- und Schuldenkrisen helfen kann, zumindest langfristig, ist Eindämmung der Ansteckung (z.B. Stiglitz, AER 2010):

  • Alle internationalen Kreditgeschäfte über eine mit Kapital gut ausgestattete Clearing-Stelle,

  • Clubs von Ländern bilden, die untereinander große Finanzmarktintegration haben, aber Kontrolle und Restriktionen für Kapitalströme zwischen den Clubs,

  • Möglichkeiten, Kapitalströme über bestimmte Grenzen hinweg in Krisenzeiten quasi mit einem Unterbrecherschalter abzuschalten, um bei Netzüberlastungen Überspringen zu vermeiden (ähnlich wie bei Elektrizitäts­verbundnetzen),

  • Keine Einheits-Universalbanken mit durchgängig gleichem Geschäftsmodell, sondern spezialisierte Banken für spezifische Aufgaben, darunter „boring banks“ für die biederen Geschäfte der kleinen Leute mit hoher Risikoaversion,

  • Staatsgarantien nur für die „boring banks“; kein Auskaufen der Banken für riskante Geschäfte,

  • Finanztransaktionssteuer? Vielleicht: sie belastet die extrem kurzfristigen Transaktionen, die hohe Volatilität (z.B. insbesondere auch des Computerhandels), und bringt Geld in die Staatskasse; aber stabilisiert sie die Finanzmärkte, d.h. führt sie diese eher an die Fundamentals heran und vermindert die Gefahr von Blasen?

  • Verbot von ungedeckten Leerverkäufen (Verkäufe auf Termin von Titeln, die man noch gar nicht besitzt, und die man zum Termin zu einem hoffentlich erheblich geringeren Preis erwirbt), insbesondere von ungedeckten Kreditausfallversicherungen (vergleichbar zu Feuerversicherungen für das Haus des Nachbarn)? Zumindest intensive Aufklärung („Risiken und Nebenwirkungen“) und Zulassungsregeln für neue Finanzprodukte,

  • Für nachweislich falsche / schlechte Beratung in Anlagefragen muss es Haftungsregelungen geben.

Zur aktuellen Beendigung der Staatskrise:

  • Zeit kaufen, um insbesondere das Bankensystem fit für den Schuldenschnitt zu machen, insbesondere durch Erhöhung der Eigenkapitalquoten.

  • Schuldenkonferenz für Griechenland mit Schuldenschnitt bei allen Gläubigern (am Schulden­schnitt 2012 waren nur Privatgläubige beteiligt, zu 85,5 %, mit einem Verlust von 107 Mrd. € von 2011 bis 2019).

  • Neue Kredite und Aufträge, die Griechenland aus der Krise holen.

  • Grenzenloser Aufkauf von Staatsschulden durch EZB (indirekt, z.B. von Geschäftsbanken, weil direkt wegen Monetarisierungsverbot für Staatsschulden nicht zulässig) durch geschöpftes Geld (Notenpresse): schafft Vertrauen auf den Märkten (analog zu hochverschuldeten UK, USA und Japan) und senkt Zinsen. Wird wegen längerfristiger Inflationsgefahr problematisch angesehen, diese ist aber einstweilen nicht zu sehen, insbesondere weil weitgehend bereits allein die Ankündigung der Maßnahme durch Mario Draghi zu einer Kurswende bei den Kreditzinsen und zum Beginn eines Liquiditätsflusses auch wieder zurück in die Krisenbanken in Südeuropa geführt hat.

  • Rückkauf von Staatsschulden durch verschuldete Staaten selbst über die ihnen zur Verfügung gestellten Kredite (zu einem erheblich niedrigerem als Ausgabepreis); wird auch problematisch angesehen, aber warum?

  • Falls Banken in Schwierigkeiten geraten – und „too big to fail“ sind – sollten sie ohne Entschädigung der Aktionäre und Manager verstaatlicht werden (→ Bankenabwicklungsgesellschaften, BAGs), dann zwangskapitalisiert und wieder verkauft werden. Das reizt private Schuldentragfähigkeit des Geschäftsbankensektors maximal aus, kann allerdings auch Staaten als Schuldner in Insolvenz ziehen.

  • Mit EU-Anleihen (auch Eurobonds, Euro-Staatsanleihe oder Gemeinschafts-, bzw. Unionsanleihe; bislang [2017] nicht realisiert) könnten Staaten der Europäischen Union oder der Eurozone gemeinsam Schulden am Kapitalmarkt aufnehmen, die aufgenommenen Mittel unter sich aufteilen und gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung und Zinsen dieser Schulden haften. Befürchtet wird, dass Eurobonds überschuldete Länder von einer Haushaltskonsolidierung abhalten und sogar noch tiefer in die Verschuldung treiben könnten, und dass sie der Nichtbeistands-Klausel („No-bail-out“; Art. 125 AEU-Vertrag) widersprechen könnten. Daneben werden EU-Anleihen von manchen aber auch als Finanzierungsinstrument für den Haushalt der Europäischen Union diskutiert.

  • Fiskalunion plus EU-Finanzminister: vor allem von Frankreich gefordert (2017), mit einem gemeinsamen Budget, europäischen Fiskalregeln und gemeinsamer Kreditaufnahme, für mehr Konjunktur­programme, Ausgleichszahlungen und staatlichen Investitionen. Versus Stabilitätsunion plus EU-Finanzminister: deutsche CDU-Vision (2017) mit zentraler Aufgabe der Fiskalpolitik zur Schuldenminimierung, Ausgabenbegrenzung und Einhaltung gegebener Regeln; dafür Kontrolle und Absegnung nationaler Haushalte, Verantwortung für Durchsetzung wettbewerbsorientierter Strukturreformen, und allenfalls als Belohnung für nationale Reformgefügigkeit finanzielle Auszahlungen analog zu den Rettungsprogrammen.

  • Aber allgemein: Vorsicht mit ex-ante Konditionalität (Kredite gegen künftig zu erfüllende Auflagen); es gibt Zeitkonsistenzproblem, weil man Fehlverhalten einer Regierung im Nachhinein nicht mehr ahnden kann, und die Regierung sich leicht aus der Verantwortung stehlen und alle die Bevölkerung belastenden harten Einschnitte den hartherzigen Geldgebern in die Schuhe schieben kann (Paul Collier ähnlich über Entwicklungshilfe). Ex-post Konditionalität (erst Bedingungen erfüllen, dann Hilfe erhalten) ist besser, aber ebenfalls problematisch, weil gerade die am meisten hilfsbedürftigen Länder dann vermutlich am wenigsten Hilfe erhalten. Colliers Vorschlag: Kontrolle durch eigene Bevölkerung: genaue Information der Bevölkerung darüber, wo die Hilfe ankommen soll; sowie Beteiligung bei über eine „Independent Support Authority“ (ISA), bestehend aus Regierung, Gebern und (lokaler) Bevölkerung, die über Verwendung der Mittel parallel zu herkömmlichem – oft belasteten Regierungsapparat – entscheidet.

  • Die für die Währungsunion erforderliche politische Union nachholen, um diese und Europa überhaupt langfristig zu sichern; damit muss es mehr Einheitlichkeit bei der Wirtschaftspolitik, aber auch mehr Finanzausgleich geben, und dies muss mit mehr demokratischen Einfluss und Kontrolle über das europäische Parlament einhergehen.

10. Das kurze deutsche Gedächtnis (28.02.2012)

Die bräsige Selbstgerechtigkeit mancher deutscher Politiker, Journalisten und Stammtischler macht mich manchmal fast sprachlos.


Nach dem letzten Weltkrieg hatte ein Land tatsächlich alle anderen durch sein Verhalten in Armut und Elend gerissen und sich selbst auch, das war Deutschland; riesige Schulden hatte Deutschland damals auch. Es gab Rachegelüste, es gab den Morgenthau-Plan, einen scharfen Austeritätsplan für Deutschland; viele Völker forderten von Deutschland zumindest eine Entschädigung. Mit sehr viel mehr Recht als heute die Forderungen an Griechenland: denn nicht nur waren die von Deutschland verursachten Schäden unendlich viel größer, sie waren auch Folgen einer bewussten und böswilligen einseitigen Aggression, während die jetzigen Schäden in/durch Griechenland Folgen wechselseitig freiwillig eingegangener Wirtschaftsbeziehungen sind. Aber anders als nach dem Versailler Frieden als man Deutschland mit Reparationen immer tiefer in die Armut trieb (die gefährlichen Nah- und Spätwirkungen hat Keynes übrigens bereits 1919 außerordentlich zutreffend warnend beschrieben) – und anders als jetzt mit Griechenland und den anderen Südeuropäern –, ging man nach dem II. Weltkrieg genau den entgegengesetzten Weg, verzichtete auf Forderungen und stellte Deutschland stattdessen Marshall-Plan-Hilfe zur Verfügung, legte damit die Basis für nachhaltiges langanhaltendes Wachstum, für Stabilität, Zuverlässigkeit und Wohlstand, die auch wieder positive Rückwirkungen auf die anderen Länder hatte.


Und wiederum vor rund 10-5 Jahren galt Deutschland plötzlich als der „kranke Mann Europas“ – wie leicht man dahin kommen konnte, auch das haben wir offensichtlich schon wieder komplett vergessen. Woher nur nehmen manche Leute die Zuversicht, dass nicht auch jetzt, wo es uns so gut geht, sich das Blatt bald wieder abermals wenden könnte und wir wieder einmal diejenigen sein könnten, die die Hilfe oder zumindest Nachsicht der Anderen benötigen; woher nur dieser unglaubliche Hochmut?


ree

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