Globalisierung der Wirtschaft und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung
- Christiane Krieger-Boden

- 2. Jan. 2001
- 19 Min. Lesezeit
Eine Auseinandersetzung mit populären Vorbehalten
Inhalt:
1. Wandel der Weltwirtschaft
2. Ursachen von Globalisierung
3. Befürchtungen
4. Sind die Befürchtungen berechtigt?
5. Ist Schutz vor Globalisierung möglich und sinnvoll?
6. Was soll man tun?
1. Wandel der Weltwirtschaft
Globalisierung gilt als die wesentlichste ökonomoische Herausforderung der westeuropäischen Gesellschaften zur Jahrtausendwende.
Globalisierung bedeutet die zunehmende Integration der gesamten Weltwirtschaft, die fortschreitende Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen und der Arbeitsteilung. Unter anderem wird diese Internationalisierung auch durch die nun anstehende Währungsunion vorangetrieben, wenn auch allein im europäischen Rahmen. Die Währungsunion fügt sich jedoch gleichzeitig auch in Tendenzen zur Regionalisierung ein, d.h. zum Zusammenschluß verschiedener Nationen nach innen unter teilweiser Abschließung nach außen. Solche Tendenzen zur Regionalisierung sind außer in West-Europa beispielsweise auch in Ost-Europa (Osterweiterung der EU), Amerika (NAFTA) und Asien beobachtbar. Sie stellen den Versuch dar, einen gewissen Schutzdamm gegen die weltweite Globalisierung zu bilden. Letztlich rufen jedoch beide Vorgänge, Globalisierung und Währungsunion, in breiten Kreisen der europäischen Bevölkerung große Sorgen hervor, insbesondere, was die Folgen für die europäischen Arbeitsmärkte betrifft.
Im folgenden will ich zunächst kurz die Ursachen der Globalisierung beschreiben. Ich werde dann auf die erwarteten und befürchteten Wirkungen eingehen. Die nächsten Punkte werden sein, ob diese Befürchtungen zutreffen und ob man sich vor Globalisierung schützen kann. Zum Schluß werde ich kurz darstellen, was aus meiner Sicht die beste Antwort auf Globalisierung ist.
2. Ursachen von Globalisierung
In der ökonomischen Literatur werden drei Ursachen von Globalisierung genannt:[1]
Technologische Entwicklung: neue Kommunikations-, Informationsverarbeitungs- und Transporttechnologie hat dazu geführt, daß geographische Distanzen ganz erheblich an Bedeutung verloren haben.
Institutionelle Veränderungen: die Öffnung der ehemaligen Ostblockstaaten und Chinas für die Weltmärkte und die Liberalisierung des internationalen Handels und der Finanzmärkte im Rahmen multilateraler Handelsabkommen (vor allem WTO). Dabei ist diese Liberali-sierung nicht nur Ursache, sondern auch Ergebnis der Globalisierung. Weil das Kapital stark angewachsen ist und zunehmend hochliquide und international mobil geworden ist, können Wechselkurse und nationale Geld- und Fiskalpolitik von den Zentralbanken immer weniger kontrolliert werden. Die Wechselkursvolatilität hat beträchtlich zugenommen und die nationale Souveränität ist zurückgegangen.
Post-fordistische Unternehmensorganisation: Immer weniger sind standardisierte Produkte gefragt, immer mehr sehr differenzierte Produkte oder gar ganze „Systemlösungen“. Die damit verbundene Abkehr von stark hierarchischen Strukturen ermöglicht und erfordert die Ausgliederung einzelner Produktionsschritte aus dem Unternehmen. Und solche herausgelösten Produktionsschritte können dann auch an anderen Standorten durchgeführt werden. Dadurch wird die Internationalisierung der Produktion möglich.
Diese Ursachen führen dazu, daß Güter und Dienstleistungen immer stärker in einem weltweiten Wettbewerb angeboten und gehandelt werden. Der Handel weitet sich beträchtlich aus. Damit aber treten auch die Unternehmen und ihre Beschäftigten zunehmend in einen weltweiten Wettbewerb ein, in welchem es um das günstigsteVerhältnis von Lohnkosten zur Arbeitsproduktivität geht. In den hochentwickelten Ländern fürchtet man insbesondere die Konkurrenz der asiatischen und osteuropäischen Schwellenländer, die mit geringen Lohnkosten insbesondere arbeitsintensive Produkte attraktiv anbieten und damit die entsprechende Konkurrenz in den hochentwickelten Ländern arbeitslos machen können (Tabelle 1).

In akademischen Kreisen sind freilich nahezu alle diese Punkte umstritten. So gibt es widersprüchliche Befunde dazu, ob Kapital tatsächlich international mobiler geworden ist.[2] Tatsächlich scheint dies vor allem für kurzfristige Kapitalanlagen zu gelten. Auch ist nicht eindeutig zu belegen, ob der Anstieg der Arbeitslosigkeit bzw. der Lohnunterschiede überhaupt auf die steigenden Importe oder eher auf den technologischen Fortschritt zurückzuführen ist.[3]
Doch scheint dieser Streit müßig, denn eigentlich sind beide möglichen Ursachen nicht unabhängig voneinander zu sehen: Erst der Wettbewerb durch zumindest drohende Konkurrenz aus dem Ausland schafft den nötigen Ansporn, um die technologische Entwicklung voranzutreiben. Gleichzeitig schafft die technologische Entwicklung die Möglichkeit für Handelsintensivierung.
Für die europäischen Arbeitsmärkte geht die Globalisierung gleichzeitig mit der Währungsunion einher. Auch die Währungsunion führt zur Senkung von Transaktionskosten zwischen den beteiligten Ländern und koppelt überdies die ökonomische Entwicklung der Länder über das Einheitsgeld stärker aneinander. Die Folgen sind ein ebenfalls gestiegener Wettbewerb durch bessere Marktübersicht und neue Marktchancen. Hinzu kommt der gestiegene Anpassungsbedarf an plötzliche asymmetrisch auftretende Schocks, für dessen Ausgleich zwischen den EWU- Mitgliedern der Wechselkurs nicht mehr zur Verfügung steht.[4] Auf der anderen Seite sollen EU und Währungsunion auch dem Schutz gegenüber der Globalisierung dienen: der größere interne Markt soll dafür sorgen, daß Größenvorteile der Produktion bereits intern ausgeschöpft werden und Unternehmen fit für den globalen Markt gemacht werden. Doch im ganzen kann man eher sagen, daß sich die Wirkungen der Währungsunion zu jenen der Globalisierung hinzuaddieren.
Wir halten also fest: Der technologische Fortschritt auf dem Gebiet der Kommunikation, Informationsverarbeitung und des Transports sowie die Liberalisierung der Märkte senken die Kosten wirtschaftlicher Transaktionen und ermöglichen damit die Internationalisierung der Arbeitsteilung, die mit der post-fordistischen Unternehmensorganisation einher geht. Dies führt zu einem verstärkten weltweiten Wettbewerb auf den Güter- und auch auf den Arbeitsmärkten.
3. Befürchtungen
Unter den erwarteten Wirkungen der Globalisierung auf die Arbeitsmärkte stehen in der Öffentlichkeit die Befürchtungen hinsichtlich negativer Auswirkungen stark im Vordergrund, weshalb ich hier zunächst auf diese eingehen will.
Ein Großteil der Arbeitnehmer wird nicht mehr gebraucht werden: Befürchtet wird vor allem, daß die Senkung der Transaktionskosten zu intensiviertem Wettbewerb der Güter, insbesondere zu einem Zustrom von arbeitsintensiv produzierten Gütern aus den Niedriglohnländern Asiens und Lateinamerikas führen könnte. Dadurch steige auch der Wettbewerbsdruck auf den Arbeitsmärkten und führe in den höher entwickelten Ländern zu sinkenden Löhnen für weniger qualifizierte Arbeitskräfte (Stolper-Samuelson-Theorem: bei zunehmender Integration sinkt der Preis des jeweils zuvor relativ knapppen Faktors eines Landes) bzw. bei Lohnstarrheit zu Arbeitslosigkeit. Ebenso mache die Fortentwicklung der Produktionstechnologie in Verbindung mit der postfordistischen Unternehmensneuorganisation geringqualifizierte Arbeitskräfte in hochentwickelten Ländern entbehrlich und damit arbeitslos. Manche gehen soweit, eine 20:80 Gesellschaft vorherzusagen: 20% die gebraucht werden und 80% die nicht gebraucht werden, aber irgendwie beschäftigt werden müssen, damit sie stillhalten.[5]
Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich nimmt zu / Das „Kapital“ gewinnt, „Arbeit“ verliert: Oder, wird weiter argumentiert, wenn das Lohngefüge flexibel auf die veränderte Arbeitsnachfrage reagiert, dann nähme die Ungleichheit zu, die Armen in den hochentwickelten Ländern würden ärmer, die Reichen reicher. Und es wird verwiesen auf astronomisch steigende Dow-Jones- und DAX- Indizes bei gleichzeitig wachsender Arbeitslosigkeit oder auf Vorfälle, bei denen ein angekündigter Arbeitsplatzabbau sofort die Kurse des betreffenden Unternehmens in die Höhe getrieben habe.
Öffentliche Armut und Sozialabbau nehmen zu: Die Befürchtungen gehen noch weiter:[6] Weil das hochmobile Kapital nicht besteuert werden könne und weil ein Großteil der Bevölkerung sozial absteigen werde, würden die Steuereinnahmen des Staates sinken und damit auch die Qualität der staatlichen Leistungen, beispielsweise auf dem Gebiet der Schulerziehung. Damit würde aber auch den Kindern der Sozial-Abgestiegenen der Aufstieg in die Gruppe der Hochqualifizierten und damit Erfolgreichen verwehrt. Die Erfolgreichen ihrerseits müßten sich mit dem schlechten staatlichen Angebot nicht zufrieden geben, sie würden sich ihre eigenen öffentlichen Güter schaffen: private Schulen und Universitäten mit Spitzenniveau, private Sporteinrichtungen und Clubs, sogar eigene Privatstraßen in umfriedeten Wohnquartieren mit privatem Wachpersonal. Die einmal gegebene Verteilung würde sich in die nachfolgenden Generationen perpetuieren, es komme zur tiefgreifenden Segregation der Gesellschaft. Die Spirale aus schlechter Ausbildung, schlechten Beschäftigungschancen, weiterem sozialem Abstieg werde bei den Geringqualifizierten irgendwann in Kriminalität und Gewalt enden, die wiederum die soziale Ausgrenzung noch weiter verschärft.
Egoismus und Materialismus siegen über Mitmenschlichkeit und höhere soziale und kulturelle Werte: Und selbst die Erfolgreichen blieben von negativen Folgen nicht verschont, denn die erforderliche, immer weiter zunehmende Flexibilisierung der gesamten Arbeitswelt mit ihren Anforderungen an hohe, auch räumliche Mobilität und mit dem Ende der Gewißheit über die persönliche Zukunft führe zu wachsender Beziehungslosigkeit und möglicherweise gar zur Beziehungsunfähigkeit.[7] Am Ende solcher Entwicklung könnte, so wird von manchen befürchtet, die Aufgabe jeglichen Gemeinsinns und jeglicher solidarischer Gemeinschaft, die Auflösung der Gesellschaft und damit auch der Demokratie stehen, das Regime des nackten Egoismus und Materialismus und das Verschwinden aller Werte und alles Guten und Schönen.[8]
4. Sind die Befürchtungen berechtigt?
Globalisierung ist gar kein so neues Phänomen. Es gab bereits zwei frühere Wellen: vor dem 1. Weltkrieg sowie in den 50er und 60er Jahren.[9] Die Erfahrungen mit den ersten Wellen der Globalisierung sind recht gut: sie ermöglichten ungeahntes Wirtschaftswachstum und breit gestreuten Wohlstand sowie das Entstehen eines starken Mittelstandes. Auch die gegenwärtig beobachtete Welle birgt grundsätzlich große Wachstumschancen für alle daran beteiligten Länder und deren Bürger.
Grund dafür sind die Internationalisierung der Arbeitsteilung und der steigende Wettbewerb.
Eine wachsende Internationalisierung der Arbeitsteilung verbessert die Effizienz der gesamten Weltwirtschaft und damit auch die Einkommenschancen dadurch, daß jeder das produziert, was er am besten kann, und dadurch, daß Größenvorteile auf dem Markt realisiert werden können. Dies ermöglicht den Produzenten, den Unternehmen mit ihren Beschäftigten, kostengünstiger zu produzieren. Auf diesen vergrößerten Märkten erhalten zudem gerade die Newcomer der internationalen Arbeitsteilung, Unternehmen in Entwicklungsländern, erstmals eine Chance auf Wachstum und Wohlstand.
Vor allem aber gibt der wachsende Wettbewerb Anreize, Effizienzdefizite aufzuspüren und zu beseitigen. Der Versuch, durch Wettbewerbsvorsprünge besondere Einkommenschancen zu realisieren, spornt Unternehmer zu Innovationen an, die durch Imitationen verbreitert werden. So entsteht Produktivitäts- und Wirtschaftswachstum. Wettbewerb ist eine der wesentlichsten Voraussetzungen für Wachstum. Die dadurch erzielte permanente Senkung von Produktpreisen ermöglicht immer breiteren Schichten von Konsumenten den Genuß dieser Güter und damit eine Zunahme des Wohlstands auf breiter Basis. Globalisierung bringt also vor allem den Konsumenten Vorteile. Wettbewerb macht Produkte und Dienstleistungen für breite Konsumentenkreise erschwinglich und führt damit zur Verbesserung von Lebensqualität.
Wie steht es vor diesem Hintergrund mit den beschriebenen Befürchtungen?
Ein Großteil der Arbeitnehmer wird nicht mehr gebraucht werden: Die Frage der Beschäftigung hat sich in manchen, insbesondere europäischen, Ländern vom Wachstum gelöst, man spricht geradezu vom beschäftigungslosem Wachstum: Selbst ein Abflachen der Wachstumskurve führt schon zu Arbeitsplatzverlusten, während in konjunkturell guten Zeiten die Ausweitung der Beschäftigung erheblich hinter der Ausweitung der Produktion zurückbleibt (Schaubild 1). Fraglos stellen Globalisierung und technischer Wandel gerade die entwickelten Länder vor neue Herausforderungen und erhöhen den Druck insbesondere auf geringqualifizierte Arbeitskräfte. Tatsächlich ist in fast allen Ländern Europas eine hohe Arbeitslosigkeit insbesondere für die Gruppe der geringqualifizierten Arbeitskräfte zu beobachten. Und für Deutschland, aber auch für andere europäische Länder wie Frankreich, beobachten wir seit langem eine treppenförmige Zunahme der Arbeitslosigkeit, mit nur leichten Rückgängen in Zeiten des konjunkturellen Hochs. Dennoch muß hohe Arbeitslosigkeit keine zwangsläufige Folge von Globalisierung sein. Das zeigt eine Reihe von anderen Beispielen wie die Schweiz, Österreich, Portugal oder zumindest bis vor kurzem Japan. Arbeitslosigkeit kann in Zeiten der Globalisierung sogar wieder zurückgeführt werden wie die Beispiele von Großbritannien, Neuseeland oder den Niederlanden zeigen (Schaubild 2).


Was aus der Zunahme des Wettbewerbs für die Arbeitsmärkte folgt, hängt vor allem von der im jeweiligen Land verfolgten Politik ab, insbesondere von der Arbeitsmarktpolitik. Der Wettbewerb bringt eine Veränderung der internationalen Arbeitsteilung mit sich und erfordert daher einen wahrscheinlich permanenten Strukturwandel in jedem einzelnen Land. Arbeitslosigkeit droht gewiß, wenn die europäischen Arbeitsmärkte unter diesem Druck nicht flexibler werden - die meisten Arbeitsmärkte Europas sind durch eine Vielzahl von Regulierungen in ihrer Reaktionsfähigkeit stark eingeschränkt. Nicht die Globalisierung erzeugt Arbeitslosigkeit, sondern die aufgrund solcher Regulierungen bestehenden Ineffizienzen auf dem Arbeitsmarkt treten unter dem Druck der Globalisierung stärker zum Vorschein. Fazit: Hohe Arbeitslosigkeit muß nicht sein.
Die Ungleichheit zwischen Arm und Reich nimmt zu: Um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, ist allerdings eine größere Ausdifferenzierung der Arbeitsbedingungen erforderlich: größere Lohnflexibilität als Reaktion auf veränderte Bedingungen, stärkere Lohndifferenzierung, mehr zeitliche Flexibilität und bessere berufliche Qualifikation. In hochentwickelten Ländern, in denen die Arbeitslosigkeit niedrig ist (z.B. USA, Großbritannien), scheint daher in der Tat die Lohnspreizung erheblich zuzunehmen (Schaubild 3). D.h. zwar nicht, daß Arbeitnehmer hier unter Bedingungen arbeiten müssen wie in Südostasien, Indien oder gar Afrika: nach wie vor ist durch bessere Kapitalausstattung der Arbeitsplätze und bessere Ausbildung der Arbeitskräfte die Produktivität in Europa erheblich höher und dementsprechend können auch Löhne und Arbeitsbedingungen besser sein.[10] Immerhin nehmen die Einkommen weniger qualifizierter Bevölkerungsgruppen relativ zu anderen ab und in manchen Fällen wird es sogar zu Realeinkommensbußen kommen.

Doch stärkere Lohnspreizung bedeutet keine aussichtslosen Lebensperspektiven des einzelnen. Denn größere Flexibilität geht mit einer größeren Durchlässigkeit der sozialen Schichten für Ab- wie für Aufsteiger einher. Eine Studie der Federal Reserve Bank für die USA hat in einer Langzeit-Panel-Untersuchung das Schicksal einzelner Individuen von 1975 bis 1991 untersucht, und dabei festgestellt, daß von den Personen aus der untersten Einkommensklasse nach 16 Jahren nur 5% immer noch in der untersten Klasse waren, die anderen sind aufgestiegen, 60% davon in die beiden obersten Einkommensklassen. In Deutschland ist die Einkommensmobilität weniger ausgeprägt, aber doch auch zu beobachten (Tabelle 2).[11] Fazit: Auf- (und Ab-)stiegsmöglichkeiten nehmen zu.

Das „Kapital“ gewinnt, „Arbeit“ verliert: In die Irre führt es, Globalisierung auf einen Konflikt zwischen „Arbeit“ und „Kapital“ zuspitzen zu wollen. Globalisierung hat nicht nur DAX- und Dow-Jones-Indizes in die Höhe gezogen - und gelegentlich auch wieder in die Tiefe gerissen - sie setzt auch viele Unternehmen derart unter Wettbewerbsdruck, daß die Zahl der Konkurse ebenfalls sehr hoch ist. Wenn von der Arbeitsseite also Opfer verlangt werden, so geht es keineswegs um immer höhere Gewinne für einige Großunternehmen und das „Kapital“, sondern um Existenzsicherung und damit Arbeitsplatzerhalt in bedrohten Unternehmen und für bedrohte Arbeitsplätze. Wenn man den Inhalt des sozialen Konfliktes denn schon zuspitzen will, dann eher darauf, daß es sich um einen Konflikt zwischen den anpassungsbereiten, flexiblen Unternehmen und Arbeitskräften auf der einen Seite und den unflexiblen, in Routine erstarrten Unternehmen und Arbeitskräften auf der anderen Seite handelt. Fazit: Flexibilität gewinnt, Routine und Erstarrung verlieren.
Öffentliche Armut und Sozialabbau nehmen zu: Sicher ist, daß der Wettbewerb zu einem stärkeren Durchdenken sozialer und öffentlicher Leistungen und deren Finanzierung zwingt. Doch müssen solche Systeme deswegen nicht auf den Standard von Entwicklungsländern zurückgeführt werden. Allerdings sollten sie sich auf die Absicherung der wirklich großen Lebensrisiken beschränken, schon, weil es sich sonst zum großen Teil nur um eine Umverteilung aus der rechten in die linke Tasche desselben Bürgers handelt, aber auch, um ungünstige Anreizwirkungen zu vermeiden. Ein effizientes Sozialsystem, das die Anpassung an veränderte Nachfrage- und Angebotsbedingungen durch eine gewisse soziale Absicherung erleichtert, sowie ein gutes Ausbildungssystem, das Unternehmen qualifiziertes Personal bereitstellt, kann durch die dadurch erreichte Stabilität und Qualität des Faktors Arbeit einen Standortvorteil darstellen, der sich auf den Weltmärkten auszahlt - wenn die Kosten dafür nicht zu hoch sind. Fazit: Die öffentlichen Angebote werden effizienter.
5. Ist Schutz vor Globalisierung möglich und sinnvoll?
Wer sich durch diese Aussagen nicht beruhigt fühlt, wird nach Schutzmöglichkeiten vor dem globalen Wettbewerb fragen. Kann man sich, kann die Wirtschaftspolitik überhaupt vor Globalisierung und ihren Folgen schützen?
Grundsätzlich wäre solcher Schutz möglich: Zwar kann man den technischen Fortschritt nicht wieder rückgängig machen und auch die Form der Unternehmensorganisation läßt sich nur begrenzt politisch beeinflußen. Doch die Liberalisierung der Güter- und Finanzmärkte ist weitgehend eine politisch gewollte institutionelle Reform, die man, so gesehen, auch wieder rückgängig machen könnte. Man könnte sich hinter hohen Zollmauern und sonstigen Handelsbeschränkungen vor dem Weltmarkt und sogar vor dem technischen Fortschritt abschotten und in Autarkie leben, wie das immer wieder zu allen Zeiten Gesellschaften versucht haben; jüngere - extreme - Beispiele sind Nord-Korea bis heute, China, Kambodscha und Albanien in den 70ern und 80ern; weniger extreme der gesamte Ostblock bis Anfang der 90er, manche arabische Staaten oder Portugal und Spanien unter Salazár und Franco. Der Preis für solche Autarkie ist allerdings sehr hoch, das zeigen diese sicher nicht gerade verlockenden Modelle.
So werden denn auch so weitgehende Forderungen kaum erhoben. Schutz vor Herausforderungen von außen verspricht man sich eher von:
- internationalen Regulierungen und sozialen Mindeststandards,
- Wettbewerbspolitik,
- Kontrolle der Kapitalmärkte,
- Industriepolitik,
- aktive staatliche Beschäftigungspolitik.
Internationale Regulierungen und soziale Mindeststandards: Es wird gefordert, den internationalen Handel, z.B. im Rahmen der WTO, auf eine „faire“ Basis zu stellen, und internationale Regeln und Standards aufzustellen, an die sich alle zu halten haben, anderenfalls werden sie boykottiert. Dabei ist allerdings nicht klar, was unter „fair“ bzw. „unfair“ zu verstehen ist.
Einige Ökonomen schlagen einige Kern-Arbeitsstandards vor, die durch Boykottmaßnahmen durchgesetzt werden sollen: keine Kinderarbeit, keine Zwangsarbeit, keine Diskriminierung, Koalitionsfreiheit und Recht auf kollektive Lohnvereinbarungen.[12] Doch was immer man von einer solchen mit Boykott drohenden Politik mit Blick auf die armen Länder der Welt hält, sicher scheint, daß der Wettbewerbsdruck auf die entwickelten Länder auch bei Einhaltung solcher Kernstandards kaum vermindert wird.
Insbesondere Interessengruppen in den hochentwickelten Ländern verstehen denn unter „fairen“ Bedingungen meist auch noch sehr viel weitergehende Mindeststandards: Mindestlöhne, Höchstarbeitszeiten, Mindesturlaub, Arbeitsschutz, Kranken- und Rentenversicherung, die sich den Standards der hochentwickelten Länder zumindest annähern. Doch über so weitgehende Standards werden sich kaum internationale Absprachen treffen lassen. Sie würden den armen Ländern jede Aufstiegsmöglichkeit nehmen.
Wettbewerbspolitik: Diskutabel wäre eine Art Welt-Kartellbehörde, die allzu große Unternehmenskonzentrationen kontrollieren und gegebenenfalls verbieten könnte. Dies wäre sicher im Interesse der Konsumenten; ob dadurch Arbeitsplätze in hochentwickelten Ländern besser erhalten bleiben, ist allerdings offen.
Kontrolle der Kapitalmärkte: Gefordert wird auch von einigen Seiten, die „überschiessenden“ Kapitalmärkte zu kontrollieren und „Sand ins Getriebe“ des internationalen Kapitalverkehrs zu streuen. Damit sollen insbesondere kurzfristige destabilisierende Kapitaltransfers weniger lohnend werden und es soll der von den Kapitalmärkten ausgehende nationale Autonomieverlust eingedämmt werden, ohne allerdings den internationalen Kapitalmarkt völlig zu lähmen. Klassische Kapitalmarktkontrollen sehen beispielsweise Beschränkungen für die inländischen Banken bei der Kreditgewährung an Ausländer und für inländische Bürger hinsichtlich des Besitzes von Devisen vor oder fordern die Hinterlegung eines Teils der Transfers.
Eine modernere, jüngst viel diskutierte Form der Kapitalmarktkontrolle ist die Tobin-Steuer: Durch die Besteuerung von Devisenumsätzen sollen Devisenspekulationen eingedämmt werden und die internationale Volatilität von Kapital reduziert werden. Entscheidend für die Wirkung der Steuer ist ihre Dosierung: Eine Steuer in der Größenordnung von 0,1 % könnte möglicherweise in der Tat kurzfristige Kapitaltransfers entscheidend verteuern, ohne langfristige Transfers, insbesondere Direktinvestitionen, zu gefährden.[13] Doch kann das nur funktionieren, wenn es dazu eine internationale Abmachung gibt; sonst werden die Devisenmärkte sich Handelsplätze suchen, wo es keine Steuer gibt. Zu einer internationalen Abmachung werden sich aber kaum alle Länder bereit finden, eben weil Außenseiter den gesamten Markt an sich ziehen können. Außerdem gibt es erhebliche Durchsetzungsprobleme: Steuervermeidungsstrategien werden die Kapitalmärkte verändern und die Erfassung von Devisenströmen ist schwierig in Ländern, wo solche Geschäfte teilweise auf der Straße getätigt werden.
Um die Risiken der hohen Kapitalvolatilität zu begrenzen, die sich in Krisen wie jüngst in Südostasien zeigen, braucht man eine solche Steuer allerdings nicht, dafür wäre es ausreichend Sicherheitsstandards für Banken und für Kreditgeschäfte international zu vereinbaren, wie sie beispielsweise in europäischen Ländern und Amerika üblich sind. [14]
Industriepolitik: Schutz gegen „unfairen“ Wettbewerb aus dem Ausland wird teilweise auch von einer staatlichen Industriepolitik erwartet, die den bedrohten Industriezweig mit Subventionen für Standortnachteile im Inland entschädigen soll. Doch Subventionen für eine inländische Industrie müssen auch im Inland aufgebracht werden, und stellen damit stets zugleich eine Diskriminierung der nicht subventionierten Industriezweige dar. Und eine dauerhafte Bevorzugung der „fußkranken“ Branchen eines Landes zulasten der wettbewerbsfähigen kann wohl kaum im langfristigen Interesse des Landes sein. Außerdem vermindern Retorsionsmaßnahmen des Auslandes die Wirkung solcher Maßnahmen und es kann bis zum Handelskrieg kommen.
Vielversprechender scheint da auf den ersten Blick eine Industriepolitik zu sein, die auf die Förderung eben der wettbewerbsfähigen Zweige setzt, um dort neue Arbeitsplätze als Ersatz für die nicht mehr zu haltenden Industriezweigen zu schaffen. Doch das Problem besteht hier darin, die echten „Zukunftsbranchen“ als solche zu identifizieren. Meist glückt dies erst dann, wenn sie sich ohnehin schon am Markt durchgesetzt haben und keine Hilfe mehr brauchen, und zu einem früheren Zeitpunkt ist die Gefahr groß, auf das falsche Pferd zu setzen; mit eben so verhängnisvollen Folgen wie bei einer Förderung „fußkranker“ Branchen.
Aktive Beschäftigungspolitik: Wenn alles andere nicht hilft, so wird auch argumentiert, dann muß der Staat zumindest eine aktive Beschäftigungspolitik betreiben unter Einbeziehung der Fiskalpolitik (Beschäftigungsprogramme) und der Geldpolitik (billiges Geld und entsprechende Wechselkurspolitik) bis hin zur Finanzierung eines zweiten Arbeitsmarktes (ABM-Maßnahmen, Beschäftigungs- und Auffanggesellschaften) und alternativer Beschäftigungsprojekte. Doch auch diese Politik muß finanziert werden: und wenn die Besteuerung des hochmobilen Kapitals unmöglich ist, die Erfolgreichen in der sezessionistischen Gesellschaft ebenfalls vor dem Zugriff des Staates abwandern und die Finanzierung durch Inflation heute kaum noch irgendwo als wohlstandsfördernd angesehen wird, wer soll dann bezahlen? Überdies sind eine Vielzahl problematischer Wirkungen mit solcher Politik verbunden: die Verantwortung für „Mengenwirkungen“ (Beschäftigungshöhe bzw. Arbeitslosigkeit) wird dem Markt entzogen, während die Preisgestaltung auf demn Markt verbleibt: das kann nicht funktionieren. Durch staatliche Beschäftigungsgesellschaften können zudem private Anbieter verdrängt werden.
Man kann also folgern: man kann sich vor Globalisierung schützen, indem man die Handelsstränge durch protektionistische Maßnahmen nach außen oder im Innern einengt oder abschneidet - mit, je nach Ausmaß der Beschränkungen, gravierenden oder sogar verheerenden Folgen. Das Fatale ist, daß es sich auf solchen abgeschotteten Märkten eine ganze Weile ganz annehmbar leben läßt: mit stabilen vorgezeichneten Lebensläufen und sicheren Erwartungen. Der Preis dafür in Form zunehmenden Substanzverzehrs und zunehmender allgemeiner Armut wird erst später erkennbar. Neben den Ostblockländern haben das auch Länder wie Argentinien oder Großbritannien schmerzhaft erfahren, die um die Jahrhundertwende zu den reichsten Nationen der Erde gehörten, danach durch äußere Abschottung und innere Erstarrung mehr und mehr zurückgefallen sind. Ähnliche Erfahrungen scheint Deutschland gegenwärtig zu machen.[15]
6. Was soll man tun?
Flexibilität ist also gefordert. Und die Ansatzpunkte, um dies zu erreichen, sind die ökonomischen Anreize, von denen das Verhalten der Menschen in erheblichem Maße abhängt. Die Anreizsysteme müssen gewährleisten,
daß es für die Unternehmen lohnt, Arbeitskräfte in großem Umfang einzustellen, und
daß es für die Arbeitskräfte lohnt, sich Arbeit zu suchen und sich dabei auch den Produktionserfordernissen so anzupassen, daß wettbewerbsfähige Produkte erzeugt werden können.
Um Arbeitslosigkeit zu vermeiden und sogar abzubauen, wären folgende Maßnahmen wichtig:
Knappheitsgerechte Lohndifferenzierung zulassen: Die Regierungen in den Mitgliedstaaten können (und müssen) für einen Ordnungsrahmen auf dem Arbeitsmarkt sorgen, der es gestattet und auch die Anreize dafür setzt, knappheitsgerechte Arbeitsmarktbedingungen zu vereinbaren. Konkret bedeutet dies, die freie Preisbildung nicht zu behindern sondern zu fördern, also keine Mindestlöhne vorzugeben, keine Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen auszuprechen, „Exit-options“ aus Tarifverträgen für notleidende Unternehmen oder benachteiligte Arbeitskräfte gesetzlich abzusichern, keinen „zweiten Arbeitsmarkt“ zu schaffen, der die Fehlentwicklungen auf dem ersten Markt kompensiert und damit eine Korrektur verhindert.[16] Auf der Ebene der Tarifvertragsparteien besteht die Herausforderung darin, eine knappheitsgerechte Differenzierung der Arbeitsentgelte herbeizuführen und dabei vor allem auch der Heterogenität der Unternehmen Rechnung zu tragen. Optionen für dezentrale Vereinbarungen können das Handeln der Kollektivparteien disziplinieren: Durch mehr Außenseiterkonkurrenz werden die Tarifvertragsparteien unter einen größeren Druck gesetzt, von vornherein eine gesamtwirtschaftlich sinnvolle Tarifpolitik zu betreiben.
„Armutsfallen“ vermeiden: Auch muß der Abstand zwischen sozialen Hilfen und dem durch Arbeit zu erzielendem Einkommen groß genug sein, um (Mehr-)Arbeit auch für die wenig qualifizierten Arbeitskräfte, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger attraktiv zu machen. Arbeit muß sich stets mehr lohnen als Nicht-Arbeit.
Lohnnebenkosten verringern: Es gilt, gesetzliche Vorgaben, die die Beschäftigungskosten in die Höhe treiben, zu überprüfen und zu reduzieren. Das Bewußtsein der Sozialpartner muß dafür geschärft werden, daß auch Sozialkosten aus dem verteilbaren Produktivitätsfortschritt zu finanzieren sind. Das erfordert auch, daß die gesamte Sozialpolitik auf Ineffizienzen durchleuchtet werden muß und Intransparenz, Finanzierungsillusion und Fehlanreize beseitigt werden.
Gesetzlichen Bestandsschutz beschränken: Der gesetzliche Bestandsschutz muß auf ein ökonomisch sinnvolles Maß beschränkt werden bzw. durch „exit-options“ abdingbar gemacht werden. Gerade bei Geringqualifizierten verhindert ein ausgeprägter Kündigungsschutz, daß ein Unternehmer etwa für einen Spitzenbedarf, das Risiko eingeht, einen solchen Arbeitnehmer überhaupt erst zu beschäftigen, den er später womöglich nicht wieder loswerden kann.
Zeitliche Flexibilität zulasssen: Zeitliche Flexibilität kann die Produktivität erhöhen und insoweit für Lohnflexibilität teilweise kompensieren, wenn es z.B. gelingt, Maschinenlaufzeiten zu erhöhen. Gleichzeitig ist dies ein Bereich, wo auch Arbeitskräfte manchmal durch größere Flexibilität profitieren können, weil auch sie ihre Arbeitszeiten, unter Wahrung der betrieblichen Notwendigkeiten, ihren privaten Bedürfnissen besser anpasen können. Arbeitsverbote an Sonn- und Feiertagen, Nachtarbeitsverbote oder -einschränkungen, restriktive Begrenzungen der maximal erlaubten Tages-, Wochen-, Monatsarbeitszeit sollten möglichst abgeschafft werden.
Zugangsbarrieren zu Berufen und zu Unternehmensgründungen abbauen: Formale Zugangsbeschränkungen zu Berufen und bei Unternehmensgründungen sollten möglichst abgeschafft werden. Die Qualitätssicherung von Produkten und Dienstleistungen läßt sich auch ohne solche Barrieren sichern, beispielsweise durch Qualitätszertifikate und Gütesiegel, die die Branche selbst organisieren kann und mit denen „schwarze Schafe“ ausgesondert werden. Man sollte niemandem, der sich selbst und möglicherweise zusätzlich auch anderen Arbeitsplätze schaffen will, unnötig Steine in den Weg legen.
Um schließlich dem wachsendem Auseinanderdriften von Löhnen und damit einer Segregation der Gesellschaft zu begegnen, wäre wichtig:
Soziale Härten allein durch Besteuerung und personale Transfers mildern: Durch Einkommensbesteuerung und durch personale Transfers wie Sozialhilfe, Wohngeld, Kindergeld und ähnliches können auch Geringqualifizierte besser gestellt werden, ohne die Lenkungsfunktion der Löhne auf dem Markt sehr zu beeinträchtigen. Doch muß Subsidiarität vor uneingeschränkter Solidarität gehen, Anreize für eine Umorientierung auf dem Arbeitsmarkt (z.B. indem man sich fortbildet) müssen erhalten bleiben.
Qualifizierung der Arbeitskräfte verbessern: Ausbildung und damit eine bessere Qualifizierung insbesondere der Geringqualifizierten ermöglicht ihnen eine individuelle Produktivitätsverbesserung, die ihnen bessere Chancen im globalen Wettbewerb sichert (Schaubild 4). Vor allem kommt es dabei auf ein gutes Schulsystem an, insbesondere im Elementar- und Primärbereich. Im übrigen sollte das Bildungssystem so gestaltet sein, daß sein Investitionscharakter klar wird.

Sparneigung und Investitionsbereitschaft fördern:Eine hohe Sparneigung ermöglicht auch eine hohe Invesititonsneigung, mit der die Kapitalausstattung der Arbeitsplätze und damit die Produktivität der Arbeitskräfte weiter verbessert werden kann; hier kann der Staat beispielsweise ansetzen, indem eher Konsum als Einkommen besteuert werden.
Kapitalbildung in Arbeitnehmerhand fördern: Durch Investivlohnkonzepte oder Beteiligung der Arbeitnehmer am Erfolg ihres Unternehmens kann man eine Diversifizierung der Einkunftsarten für alle Bürger erzielen und ihre einseitige Abhängigkeit von Arbeitseinkommen vermindern; freilich werden sie damit auch an den größeren Risiken von Kapitaleinkünften beteiligt.[17]
Letzten Endes heißt dies, daß es „Schweiß und harter Anstrengung“ bedarf, um die Grundlagen des Wohlstands zu sichern und auszubauen. Wunderrezepte gibt es nicht. Das sind eigentlich sehr alte Weisheiten; so war es immer schon. Doch solche Anstrengungen lohnen sich, denn Globalisierung beinhaltet gerade auch für die „kleinen Leute“ erhebliche Chancen auf Verbesserung des Lebensstandards, weil die Märkte stärker zu Konsumenten-Märkten als zu Produzenten-Märkten werden.
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van Liemt, G. (1998), „Labour in the Global Economy: Challenges, Adjustment and Policy Responses in the EU“, in: Memedovic, O., Kuyvenhoven, A., Molle, W.T.M. (eds.), Globalization of Labour Markets. Challenges, Adjustment and Policy Responses in the EU and LDCs. Dordrecht.
Endnoten
[1] Oman 1996, van Liemt 1998. [2] Eine hohe Kapitalmobilität, wie sie durch die starke weltweite Annäherung der Zinssätze nahegelegt ist, sollte zumindest kurzfristig eine Lösung der engen Relation zwischen heimischer Ersparnis und heimischen Investitionen ermöglichen. Doch haben Feldmann und Horioka (1980) und zahlreiche Autoren nach ihnen immer wieder eine sehr enge, nahezu 1:1-Beziehung zwischen diesen beiden Größen gefunden. Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß vor allem kurzfristige Kapitalanlagen hochgradig mobil sind, während längerfristige Kapitalengagements immer noch stark auf den nationalen Markt konzentriert sind (Bayoumi 1998). [3] Einige argumentieren, daß wachsende Importe von arbeitsintensiven Gütern in die hochentwickelten Länder nur dann Arbeitslosigkeit erzeugen können, wenn sie sich auch in sinkenden Preisen für diese Güter niederschlagen (also in einer Verbesserung der terms of trade) (Bhagwati 1998). Nur dann kann von diesen gesunkenen Güterpreisen Wettbewerbsdruck auf diejenigen Arbeitskräfte ausgehen, die die entsprechenden Güter im Inland erzeugen. Wenn ein solcher Fall der Importpreise empirisch nicht beobachtbar sei, können Arbeitslosigkeit und Lohnungleichheit nicht durch die Importe erzeugt sein. Allerdings, so muß man hinzufügen, verliert die Globalisierung mit solcher Argumentation nicht nur ihren Schrecken, sondern auch ihren Reiz, der ja gerade darin besteht, Importgüter billiger und damit für weite Bevölkerungskreise leichter verfügbar zu machen. Die empirische Evidenz zu dieser Preisthese ist zudem widersprüchlich: die OECD hat für ihre Mitgliedsländer ein Sinken der Preise für arbeitsintensiv produzierte Güter ermittelt (OECD 1997), für die USA sind verschiedene Untersuchungen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen gekommen (Slaughter, Swagel 1997). Außerdem fragt sich, ob die richtigen Preisgrößen ausgewählt sind, denn Importe aus DCs erstrecken sich heutzutage nicht mehr nur auf Textilien und Bananen, sondern auch beispielsweise auf Schiffe, Autos, auf Unterhaltungselektronik und Computer, sogar auf Computer-Software, usw. Doch auch die Gegenthese, daß allein die technologische Entwicklung Arbeitslosigkeit und Lohndrift verursacht, braucht eine Preissenkung für arbeitsintensive Produkte - durch Produktivitätsfortschritt - , um diesen Zusammenhang zu erklären (Gundlach, Nunnenkamp 1997). Sie ist daher vor den empirischen Befunden genauso gut oder schlecht wie die Importthese. [4] Dohse und Krieger-Boden 1998 [5] Martin und Schumann 1996 [6] Reich 1991. [7] Sennett 1998 [8] Forrester 1997, Martin und Schumann 1996 [9] Oman 1996. [10] Das Argument der steigenden Ungleicheit des Lebensstandards aufgrund von Globalisierung kann auch etwas relativiert werden: Für die USA läßt sich zeigen, daß beispielsweise Freizeitunterhaltung, die früher reiner Luxus war, heute breiten Bevölkerungsschichten zugänglich ist, sowohl, - das ist wohl nicht sehr verwunderlich - was die dafür verfügbare Zeit, als auch - das ist bemerkenswerter - was die Ausgaben dafür anlangt (Costa 1997). [11] FED (), ähnlich für Deutschland SVR (1998:Ziff. 211). [12] OECD 1996, Torres 1998, ähnlich Rodrik 1997 [13] Frankel 1996. [14] Diehl, Schweickert 1998 [15] Soltwedel 1997 [16] Allenfalls im engen Rahmen der Beschäftigung von arbeitsfähigen Sozialhilfeempfängern mit kommunalen Aufgaben, die sonst nicht bezahlt werden könnten, mag ein „zweiter Arbeitsmarkt“ vertretbar sein, vgl. SVR 1998: Ziff. 417. [17] Gleichzeitig verringern sich damit die Lohnkosten, vgl. Sinn 1998.



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